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„Demokratie fängt bei mir im Kleinen an“

Zum Internationalen Tag der Demokratie: Ein Gespräch mit Ruben Eichberger, Fachkraft im Programm Respekt Coaches beim IB

Eine Gruppe Jugendlicher und ein Mann in einer Turnhalle. Sie halten die Fäuste hoch und blicken in die Kamera.
Gemeinsam für Vielfalt: Respekt Coach Ruben Eichberger vom Internationalen Bund (IB) mit einer 7. Klasse beim Aktionstag „Boxen für vielfältiges Miteinander" in Kooperation mit der TGW 1846. Foto: IB

„Ich bin Teil der Gesellschaft, ich habe eine Stimme, ich kann mitgestalten.“ Diese Wahrnehmung zu fördern ist der Kerngedanke des Internationalen Tages der Demokratie am 15. September. Dass viele junge Menschen erst lernen müssen, dieses demokratische Bewusstsein zu entwickeln, weiß Ruben Eichberger, Fachkraft im Programm Respekt Coaches  – ein Programm, das sich genau für diese Ziele einsetzt und für dessen Erhalt sich der Internationale Bund (IB) bundesweit stark macht. Im Interview spricht er darüber, wie es junge Menschen darin stärkt, Demokratie aktiv mitzugestalten.

Herr Eichberger, Sie sind Fachkraft im Programm Respekt Coaches in Worms – was machen Sie da genau?

Ich bin an zwei Realschulen plus tätig, beide liegen in sozialen Brennpunkten der Stadt. Viele der Schulkinder haben einen Migrationshintergrund oder leben in sozioökonomisch herausfordernden Verhältnissen. Ich betreue dort junge Menschen von der 5. bis zur 10. Klasse. Als externer Mitarbeiter bin ich regelmäßig an den Schulen präsent – im Austausch mit der Schulleitung, den Lehrkräften, der Schulsozialarbeit und natürlich den Schülern*Schülerinnen. Meine Arbeit dreht sich um Empowerment, Demokratiebildung und Extremismusprävention. Kurz gesagt: Ich helfe mit, das Schulklima über den Unterricht hinaus positiv zu gestalten. Schule ist ein Lebensraum – genau da setzt das Programm Respekt Coaches an.

Wie vermitteln Sie den Jugendlichen ein demokratisches Verständnis?

Vor allem durch Aktivierung. Schule wird oft als etwas Passives erlebt. Ich möchte die Kinder und Jugendlichen dazu bringen, ihre Rolle in der Gesellschaft zu begreifen. Das geschieht über Gespräche, Projekte und kreatives Arbeiten. Wie sehe ich mich selbst, wie verhalte ich mich gegenüber anderen? Die Jugendlichen sollen erkennen: Ich bin Teil der Gesellschaft, ich habe eine Stimme, ich kann mitgestalten – aber das bedeutet auch, Verantwortung zu übernehmen.

Wie sieht das in der Praxis aus, können Sie uns Beispiele aus Ihrer Arbeit nennen?

Klar. Zum Beispiel das Projekt „Mensch ist Mensch“ mit Schülern*Schülerinnen der 5. bis 7. Klassen. Die Kinder setzten sich künstlerisch mit Vielfalt auseinander – jede*r bringt eigene Ideen ein, am Ende wird das Ergebnis ausgestellt. Oder ein Projekt mit Siebtklässlern zum Thema sozialer Zusammenhalt: Wir beschäftigen uns mit demokratischen Strukturen, Medienkompetenz und dem Erkennen von Fake News. Dabei geht es um Wissen, um Partizipation und darum, sich ausdrücken zu können. Was dabei vermittelt werden soll, ist die Überzeugung: Demokratie fängt bei mir im Kleinen an.

Welches Bewusstsein von Demokratie haben die Schüler*innen?

Bei den Jüngeren ist da kaum etwas vorhanden. Erst ab der 7. Klasse entwickelt sich ein Bewusstsein dafür. Viele haben das Gefühl: Ich habe sowieso nichts zu sagen – die Erwachsenen entscheiden. Aber genau da setzen wir an: Demokratie heißt, dass jede*r eine Stimme hat. Und dass es sich lohnt, die eigene Meinung argumentativ zu vertreten.

Gab es ein Aha-Erlebnis, etwas das Ihnen bei Ihrer Arbeit besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ja, ein Schüler aus Afghanistan. Ich arbeite seit 2023 mit ihm. Anfangs war er sehr zurückhaltend, hatte ein Kriegstrauma. Heute ist er Streitschlichter, aktiv in der Schülervertretung und kandidiert fürs Jugendparlament. Solche Entwicklungen sind unglaublich bewegend. Es zeigt, was möglich ist, wenn man Jugendlichen Räume gibt, sich zu entfalten.

Junge steht an Wahlurne

Wahl beim Wormser Jugendparlament. Foto: IB

Worin sehen Sie die Stärken des Programms „Respekt Coaches“?

Wir bringen Kompetenz und Motivation in die Schule – und zwar von außen. Das ist ein Riesenvorteil: Wir sind Teil der Schule, aber eben nicht im alltäglichen systemischen Hamsterrad gefangen. So können wir flexibel und zielgerichtet reagieren, wo klassische Angebote nicht greifen. Unsere Nähe zu den Jugendlichen und unsere Unabhängigkeit – das ist eine wertvolle Kombination. Ein weiterer Pluspunkt: Wir sind an die Jugendmigrationsdienste angebunden. Das heißt, die Arbeit kann nach der Schulzeit weitergehen – das schafft Nachhaltigkeit. 

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Stefanie Vasa.

 

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