Als „Messerstecher“ oder „kriminelle Ausländer“ beschimpft, weniger Chancen auf dem Mietmarkt aufgrund eines Kopftuchs: Verbale und tätliche Angriffe auf Menschen, die als muslimisch wahrgenommen werden, nehmen zu. Vor allem nach islamistisch motivierten Terroranschlägen sowie dem terroristischen Angriff der Hamas in Israel im Oktober 2023 erfahren Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland Ablehnung und Hass. Darauf macht der Internationale Bund (IB) am Tag gegen antimuslimischen Rassismus (1. Juli) aufmerksam.
Die Diskriminierung zieht sich durch alle Bereiche, angefangen von der Einbürgerung über die Bildung und das Gesundheitswesen bis zur Arbeitswelt. Die Betroffenen wenden sich nur selten an staatliche Stellen, um Anzeige zu erstatten oder Unterstützung zu erhalten. Sie misstrauen diesen Institutionen, haben Angst, fürchten Repressionen und sind zunehmend resigniert.
Diese Beobachtung macht auch Olivija Music, Einrichtungsleiterin des IB-Übergangswohnheims Marienfelder Allee in Berlin. 90 Prozent der Bewohner*innen kommen aus muslimisch geprägten Ländern wie Syrien, Afghanistan oder Nordafrika.
Diskriminierung geschieht häufig im Bildungsbereich – IB hilft mit Gesprächsrunden und Beratung
„Die Diskriminierung findet besonders im Bildungsbereich statt. Schon in in den Willkommensklassen oder in Sprachschulen werden sie unzureichend gefördert, in Ämtern allein gelassen“, sagt Music. Meist, weil die Lehrer*innen die Sprache nicht sprechen und niemand zum Dolmetschen da ist. „Sie ziehen sich dann zurück, sind hilflos in der (noch) nicht vorhandenen Sprache und leiden unter psychischen Belastungen.“ Essenziell ist dabei die Begleitung durch die sozialpädagogischen Fachleute des Wohnheims und Beratungsstellen wie beispielsweise ADAS, der Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen.
Durch sie werden sie aufgefangen und können in einem geschützten Rahmen über den erlebten Alltagsrassismus sprechen. Music findet das wichtig: „Wir müssen mehr Orte schaffen, wo darüber gesprochen wird, wo Betroffene sich austauschen können: Gesprächsrunden oder Elterncafés. Viele, denen antimuslimischer Rassismus widerfährt, sind Geflüchtete. Sie müssen die Hilflosigkeit und Ohnmacht trotz ihrer Traumatisierung aushalten. Ohne Begleitung durch unser geschultes Team würde das nicht auffallen. Wir ermutigen sie, sich zu wehren und ihre Rechte wahrzunehmen.“
Thiemo Fojkar, Vorstandsvorsitzender des Internationalen Bundes (IB) ergänzt: „Rassismus gleich welcher Art ist eine Gefahr für das demokratische Miteinander in unserer Gesellschaft. Nur durch Begegnungen und Aufklärung können wir kulturelle Vorurteile und Stigmatisierungen verhindern. Aussagen wie "Ihr gehört nicht hierher!" dürfen wir niemals akzeptieren!“